1530 1721 1845 1929 1960
Evangelisch-Lutherische Kirchgemeinde Sankt Barbara Markersbach

Die St. Barbara Kirche zu Markersbach

Auszüge aus der Chronik der Kirche (von Pfr. Gaston Nogrady)


 

Unsere Kirche im Mittelalter

Die Kirche Sankt Peter und Paul

„Anno 1249 thaten die Böhmen große Wallfahrten ins Closter (Grünhain) zum Heiligen Niclas und waren so freigebig, daß aus ihren Geschenken die Closter-Kirche erneuert und ausgemalet werden konnte. Um diese Zeit legte der Abt Henricus de Myla den Grundstein zur Peter und Paul Kirche in Markersbach und nach deren erfolgreichen Aufbau wurde sie im Jahre 1250 in seiner und vieler Menschen Gegenwart von Bischof Engelhardt zu Naumburg zu Ehren der Apostel Petri und Pauli eingeweyhet, auch dem Abt und Convent das Patronats-Recht darüber gegeben.“

 

Dieses Zitat stammt aus der „Chronik des Klosters Grünhain“. Sie ist gegen Ende des 15. Jahrhunderts von dem Grünhainer Mönch Conrad Feiner aufgeschrieben worden. Nachforschungen haben ergeben, dass Feiner sorgfältig berichtet und seine Aussagen historisch zuverlässig sind.
Die erwähnte Sankt-Peter-und-Pauls-Kirche ist unsere jetzige Sankt-Barbara-Kirche. Kirchenbauliche Untersuchungen haben gezeigt, dass unsere St.Peter-und-Pauls-Kirche bereits eine stattliche Kirche war: Die Mauern des heutigen Kirchenschiffs stammen zum großen Teil von 1250. Unsere jetzige Kirche weist eine Reihe von Kennzeichen des romanischen Baustils auf, der um 1250 für Dorfkirchen noch bestimmend war:
Nur wenige kleine Fenster ließen Licht ins Innere der Kirche. Eine solche ursprüngliche, später zugemauerte Fensterlaibung ist heute noch an der Südwand zu sehen. Außerdem ist typisch, dass der Eingang nicht – wie später üblich – im Westen ist, sondern in der dem Dorf zugewandten Langseite der Kirche.

 

Weitere Kennzeichen für Kirchen aus ältester Zeit: Die Kirche steht immer inmitten eines Friedhofes, der oft wehrhaft befestigt wurde. Da die wehrhafte Befestigung von Friedhöfen 1266 verboten wurde, ist davon auszugehen, dass die ursprüngliche hohe und wehrhafte Friedhofsmauer schon 1250 angelegt worden ist. Auch ein schlichter gemauerter Steinaltar ist typisch für den romanischen Baustil.

 



 Haupteingang auf der Südseite der Kirche und Teil der Friedhofsmauer

 

Ein weiterer Beweis für das Alter des Kirchenschiffes sind die mittelalterlichen Wandmalereien, die 1955 freigelegt wurden. Sie stellen an der Nordwand die Stationen des Kreuzweges Christi dar. Am Triumphbogen ist Jesus Christus in seiner Herrlichkeit abgebildet, nach Offenbarung 1,16 mit einem zweischneidigen Schwert, das aus seinem Mund hervorgeht. Wahrscheinlich ist die ganze Kirche einmal mit solchen Fresken ausgemalt gewesen.

 



 Mittelalterliche Fresken

 

Die tonnengewölbte Sakristei stammt auch aus dieser Zeit. Sie dient dem Pfarrer zur Vorbereitung auf den Gottesdienst. Außerdem wurden hier in einer Nische im Mauerwerk die Geräte für das Heilige Abendmahl aufbewahrt.

 

Tonnengewölbte Sakristeien sind typisch für die Zeit ab 1250 und wurden auch später noch gebaut, als der romanische Baustil längst durch den gotischen abgelöst war. Der Baustil, in dem unsere Kirche gebaut worden ist, ist allerdings nicht mehr rein romanisch, sondern bereits der Übergang von der Romantik zur Frühgotik. Die Frühgotik ist durch die Zisterzienser-Mönche über Grünhain hier eingeführt worden. Ein typisches Kennzeichen ist die angedeutete Spitze in den Bögen (Triumphbogen, Fensterbogen, Bogen im Fresko).

 



 Tonnengewölbe der Sakristei mit Nische für Abendmahlsgeräte sowie frühgotischer Triumphbogen

 

Dass Markersbach eine alte, selbstständige Pfarrei ist, bestätigt der Grünhainer Mönch Feiner in seiner Chronik, wo er über einen Markersbacher Pfarrer folgendes berichtet:
„Anno 1265 verglich ... Abt Albert II. die zwischen dem Pleban (alte Bezeichnung für Pfarrer) Paul zu Marckersbach und seinen Pfarr-Kindern daselbst entstandene Zwistigkeiten wegen der Kirchengebühren.“
Die selbstständige Kirchgemeinde Markersbach ist als sog. Urpfarre älter als alle umliegenden Kirchgemeinden. Nach Osten und Süden ist das Gebirge überhaupt noch nicht besiedelt gewesen, Schwarzbach im Norden gehörte zu Markersbach. Raschau wurde vom Kloster Grünhain versorgt.

 

Die Sankt-Barbara-Kirche

Wie kam es zur Namensänderung der St.Peter-und-Pauls-Kirche zur St.Barbara-Kirche? Es hat viele Vermutungen darüber gegeben. Klar ist, dass Sankt Barbara als Schutzheilige der Bergleute verehrt wird. Sie ist eine Glaubenszeugin aus dem 3. Jahrhundert. Sie war lange in einem dunklen Turm eingesperrt. In diesem finsteren Turm kam sie zum christlichen Glauben und ließ sich taufen. Die Bergleute fühlten sich ihr wohl besonders nahe, wenn sie ins finstere, enge und auch gefährliche Bergwerk einfuhren. Der Höhepunkt der Verehrung der Heiligen Barbara lag deshalb in der Blütezeit des Bergbaus im 15. und 16. Jahrhundert. In dieser Zeit bekam auch unsere Kirche ihren Namen.
Der wiedergefundene Text der Ablass- und Wallfahrtsbulle unserer Kirche vom 28. Dezember 1500 gibt uns einen wichtigen Hinweis: Unsere Kirche wird darin bereits ganz selbstverständlich als Pfarrkirche Sankt Barbara bezeichnet.

 



 Nachbildung der Ablass- und Wallfahrtsbulle für St.Barbara zu Mitweyda

 

Das widerlegt zwei Vermutungen, die für den Namenswechsel aufgestellt worden sind: Eine Vermutung war, dass der Namenswechsel durch den Ablass- und Wallfahrtsbrief zustande gekommen sei. Dann hätte der Namenswechsel aber darin erwähnt sein müssen. Eine andere Vermutung war, unsere St.Peter-und-Pauls-Kirche habe den Namen St.Barbara von einer Kapelle in Mittweida übernommen, nachdem diese aufgelöst worden ist. Da diese Kapelle aber um das Jahr 1530 noch bestand, als unsere Kirche längst St.Barbara-Kirche hieß, kann diese Vermutung nicht stimmen. Vielmehr hat der Namenswechsel von Sankt Peter und Paul zu Sankt Barbara vor 1500 stattgefunden.
Warum wechselt man aber den Namen einer Kirche? Doch nicht nur deshalb, weil die heilige Barbara unter den Bergleuten so beliebt war! Die Namensgebung einer Kirche hat ja mit ihrer Weihe zu tun. So bekam die Kirche bei ihrer Weihe 1250 den Namen St.Peter und Paul. Der Namenswechsel muss also mit einer erneuten Weihe der Kirche in Verbindung stehen. Und dafür ist wiederum die Voraussetzung, dass die Kirche zuvor durch irgendein Ereignis entweiht worden ist. Schauen wir ins 15. Jahrhundert, kommt eigentlich nur ein Ereignis in Frage: Die Hussitenkriege!
Der Chronist und Scheibenberger Pfarrer Christian Lehmann berichtet in seiner Kriegschronik vom Einfall und von verheerenden Zerstörungen der Hussiten in unserer Gegend: 1429 zerstörten sie die Stadt und das Kloster Grünhain und viele weitere Orte des oberen Erzgebirges. Die Hussiten waren ja nicht nur einfache Krieger oder Räuber. Sie waren eine fanatische Truppe, in der sich tschechischer Nationalismus mit religiösen Vorstellungen verband: Die Hussiten lehnten alle Bilder in Kirchen ab und zerstörten sie deshalb aus religiösem Fanatismus („Bilderstürmer“). Da die Hussiten vom deutschen Kaiser und von der Katholischen Kirche bekämpft wurden, richtete sich ihr Hass gegen alles Deutsche und Katholische. Die Schändungen und Entweihungen von Kirchen begleitete deshalb ihren Siegeszug durch Böhmen und Sachsen. Als Beispiel dafür schreibt Christian Lehmann in seiner Kriegschronik über die Crottendorfer Kirche, dass die Hussiten sie „durch Mord und Unzucht entweiht haben, so daß sie der Bischof von Meißen wieder neu einweihen mußte“.

 



 Weihekreuz im Altarraum

 

Da Markersbach an einer wichtigen Verkehrsverbindung nach Böhmen lag, werden auch hier Hussiten durchgezogen sein. Der Mönch Feiner berichtet von einer Sankt-Michaelis-Kapelle bei Markersbach, die 1429 von den Hussiten zerstört worden ist. Archäologische Untersuchungen haben gezeigt, dass auch die Kirche in Grünstädtel von Hussiten zerstört worden ist. Wahrscheinlich haben die Hussiten auch unsere Kirche entweiht. Für diese Vermutung spricht die Tatsache, dass es aus der Zeit vor 1430 kein bewegliches Inventar (Bilder, Kelche, Glocken etc.) mehr gibt. Alles, was nicht niet- und nagelfest war, werden die Hussiten geplündert oder zerstört haben. So wird auch unsere Kirche um 1430 neu geweiht sein müssen. Noch heute sieht man ein Weihekreuz im Altarraum. Bei dieser neuen Weihe hat unsere Kirche dann den Namen Sankt Barbara bekommen. Dafür spricht, dass die geschnitzte Barbara, die einmal in unserer Kirche stand, aus der Zeit um 1440 stammt. In der linken Hand hält sie einen Turm, Dort war sie eingesperrt, und dort empfing sie die Heilige Taufe. In der rechten Hand trägt sei einen Kelch. Er ist Ausdruck für die Stärkung des Glaubens, die Gott uns im Heiligen Abendmahl schenkt. Auch der Marienaltar ist in dieser Zeit entstanden. Die Barbara wurde 1923 zusammen mit dem Marienaltar auf dem Kirchenboden gefunden. Auch sie sollte wie der Marienaltar in Dresden restauriert werden. Leider ist sie 1945 bei dem Luftangriff auf Dresden verbrannt.

 



 Die Figur der Heiligen Barbara aus dem 15. Jahrhundert und die Nachbildung aus dem Jahr 2001

 

Seit 2001 hat unsere Kirchgemeinde eine neue Figur der Heiligen Barbara. Dank großzügiger Stifter konnte dem Schwarzenberger Holzbildhauer Hartmut Rademann der Auftrag gegeben werden, nach alten Bildern eine originalgetreue Nachbildung der Figur von 1440 anzufertigen. Diese wurde am 2. Advent 2001 in einem festlichen Gottesdienst enthüllt und erinnert seither die Gemeinde an den Glaubensmut der Märtyrerin aus Kleinasien.

 

Unsere Kirche wird Wallfahrtskirche

Wallfahren sind Besuche an besonders heiligen Orten. Oft werden weite Wege zurückgelegt, um an den heiligen Orten Gottes Segen zu empfangen. Wallfahrer werden auch Pilger genannt. Meist sind sie in Gruppen unterwegs. In der Regel handelt es sich um bestimmte Zeiten, an denen zu einem Heiligtum gepilgert wird. Schon im Alten Testament wird von solchen Heiligtümern berichtet, zu denen die Israeliten Wallfahren veranstalteten: Es waren Orte, an denen sich Gott offenbart hatte. Gottes Nähe wurde dort immer wieder erfahren. Der Tempel in Jerusalem war ein solches Wallfahrtsziel in Israel. Die Psalmen 120 bis 135 sind Wallfahrtslieder, die die Pilger unterwegs sangen.
In der christlichen Kirche lebt dieser Brauch fort. Christen pilgern zu den Orten, an denen Jesus gewirkt hat: In Bethlehem wurde deshalb dort, wo die Krippe einst stand, die Geburtskirche und in Jerusalem die Grabeskirche auf dem Berg Golgatha gebaut. Aber auch die Gräber der Apostel und Märtyrer waren den Christen heilig. Über ihnen wurden Kirchen gebaut. Besonders an den Todestagen der Märtyrer pilgerte man in diese Kirchen. Denn der Todestag ist der Tag des Eingangs in den Himmel.
Im ausgehenden Mittelalter nahm das Wallfahrtswesen allerdings immer größere Ausmaße an. Es verband sich mit dem Ablasswesen. Für eine Wallfahrt wurde ein Ablass gewährt. D.h. eine Wallfahrt galt als gutes Werk, durch das man eine Verkürzung der Sündenstrafen im Fegefeuer erlangen konnte. Weil eine Wallfahrtskirche auch materiellen Gewinn aus den Wallfahrten zog, bemühten sich viele Gemeinden, die Geld für den Kirchenbau benötigten, um den Status einer Wallfahrtskirche. Solches taten z.B. die Annaberger für den Bau ihrer St.Annen-Kirche. Auch unsere St.Barbara-Kirche erhielt im Jahre 1500 eine sog. „Ablass- und Wallfahrtsbulle“. Die Ablass- und Wallfahrtsbulle ist von Johannes Klinger in Rom erworben worden. Die Kirche wird in dieser Zeit meist nach dem unmittelbar benachbarten Mittweida benannt, weil dieses größer als Markersbach war. Wahrscheinlich war nur Mittweida auf den Karten der damaligen Zeit eingezeichnet, so dass die Kurie in Rom, die die Ablassbriefe ausstellte, mit der Ortsangabe Markersbach nichts hätte anfangen können.

 

 

Nach dieser „Bulle“ wird unsere Kirche ab dem Jahre 1500 Wallfahrtskirche. Fünf Wallfahrtstage sind in ihr genannt: 1.) Der Sankt-Barbara-Tag am 4.Dezember; 2.) Der Tag der Reinigung Mariens (Lichtmess) am 2. Februar; 3.) Der Tag der Geburt Mariens am 8. September; 4.) Allerheiligen am 1. November und 5.) Kirchweih. In einer Nachbemerkung aus späterer Zeit wird der Kirchweihtermin genannt: Am Sonntag vor St.Burkhard, d.h. am Sonntag vor dem 14.Oktober. Die Gläubigen, die an diesen Tagen eine Wallfahrt zu unserer Kirche unternahmen, die Gottesdienste besuchten, beichteten und Dankopfer gaben, erhielten von jedem Kardinal 100 Tage Ablass, d.h. ihnen wurden insgesamt 1200 Tage ihrer Strafzeit im Fegefeuer erlassen. Es wird berichtet, dass Pilger sogar aus Böhmen kamen. Unsere Kirche lag ja sehr verkehrsgünstig an wichtigen Handelsstraßen von Westen nach Osten, aber auch von Süden nach Norden, so führte z.B. ein Kirchsteig von Pöhla nach Markersbach, von dem heute noch Reste bekannt sind. Seit Jahrhunderten lädt eine Inschrift an unserer Friedhofsmauer zum Gebet in unserer Kirche ein. Man mag darin einen Nachklang an die Zeit der Wallfahrten erkennen. Ihre jetzige Gestalt stammt aus den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts.

 



 Die Inschrift an der Friedhofsmauer neben der B101

 

Das Ablasswesen führte zu einer großen Spendenbereitschaft. Viele Kirchen wurden in dieser Zeit gebaut. Auch unsere Kirche konnte dadurch wiederhergestellt und verschönert werden. Der Scheibenberger Pfarrer und Chronist Christian Lehmann weiß noch 180 Jahre später von der großen Wirkung dieser Wallfahrten nach Markersbach zu berichten. So schreibt er, dass die Kirche auf Grund der Einnahmen durch die Wallfahrten erhöht worden ist. Noch heute ist am Mauerwerk des Kirchenschiffs zu erkennen, dass die ursprüngliche Kirche 1,5m niedriger war. Außerdem ist die Kirche seitdem mit Schiefer gedeckt. Wohl auch das schöne Kreuzrippengewölbe im Altarraum ist in dieser Zeit entstanden. Auch die schöne Deckenbemalung stammt aus der Zeit nach dem Jahre 1500. Da die Kirche damals noch kürzer war, sind nur die vorderen sechs Deckenbilder dazu zu rechnen.
Trotz dieser guten Auswirkungen der Wallfahrten für den Kirchenbau barg der Ablass die Gefahr in sich, dass der Glaube zu einem Geldgeschäft verkam, und der Gläubige sich auf seine frommen Leistungen verließ und nicht auf das Opfer, das Jesus Christus für uns am Kreuz gebracht hat. Daran musste Martin Luther die Kirche erinnern. Das war der Anlass zur Reformation.

 

Von der Reformation bis 1918

Die Reformation

Am 31.Oktober 1517 schlug der Mönch Martin Luther an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg seine 95 Thesen gegen die Auswüchse des Ablasswesens. Gewisse Ablassprediger missbrauchten die Furcht der Gläubigen vor dem Jüngsten Gericht und den Strafen im Fegefeuer, indem sie daraus eine lukrative Geldquelle machten: „Wenn die Münze in dem Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt“, war die Parole solcher Ablassprediger. Die Predigt des Wortes Gottes und echte Reue und Umkehr zu Gott wurden darüber vernachlässigt. Die Kirche war durch den Ablass zwar reich und mächtig; sie wurde aber immer unglaubwürdiger, weil sie sich von ihrem wahren Fundament, Jesus Christus, entfernt hatte. Die Reformation Martin Luthers war nichts anderes als der Ruf zurück zu diesem Fundament.
Dieser Ruf erschütterte Kirche und Volk. Schnell verbreitete sich die evangelische Lehre in Deutschland. Auch im Kloster Grünhain wurde sie bekannt, und so wird berichtet, dass 1522 sechzehn Mönche das Kloster verließen, um evangelisch zu werden. Das Kloster selbst hat wohl zu sehr am Reichtum gehangen, um diesen Schritt zu tun. Das wird ihm drei Jahre später zum Verhängnis: Im Zuge des Bauernkrieges wird das Kloster 1525 von aufständischen Bauern erobert, geplündert und stark beschädigt. Ein Teil dieses Bauernheeres kam auch durch Markersbach. Christian Lehmann berichtet über darüber in seiner Kriegschronik:

 

„Den Montag nach Jubilate fielen des Nachts die Schönburgischen Bauern in die Raschau und Mipe, stürmten und plünderten beide Pfarren. Der Pfarrer in der Mipe, Barthel Fleuchaus, entsprang und ließ es bundüber gehen. Raschau aber war zu der Zeit noch ein Filial und wurde von Grünhain aus versorgt. Danach zerstimmelten die Bauern die Wohnung und die Kirche in der Mipe und raubten außerdem, was sie bei den Nachbarn ergriffen.“

 

Aus dem Bericht Lehmanns wird deutlich, dass der Bauernkrieg eine Entladung des Volkszorns war und sich auch gegen die Kirche richtete, die durch ihren Umgang mit dem Geld unglaubwürdig geworden war. Allerdings waren die Bauern nicht zimperlich und raubten auch gleich die Nachbarn mit aus. Nebenbei bemerkt Lehmann, dass Raschau 1525 noch keinen eigenen Pfarrer hatte.

 



 Die Bekenntnisschriften der lutherischen Kirche wollen eine Auslegung der Heiligen Schrift sein

 

Diese Zeit muss in unserem Kirchspiel sehr turbulent gewesen sein: Der Ortsteil Markersbach, in dem die Kirche steht, gehörte zum Kloster Grünhain. Der Ortsteil Mittweida gehörte dagegen den Herren von Schönburg. Das Kloster Grünhain führte bereits 1529 die Reformation durch, das schönburgische Land blieb dagegen bis 1539 römisch-katholisch. In dieser Zeit kam es oft zu massivem Streit zwischen evangelischen Markersbachern und katholischen Mittweidaern. Hier finden Sie den Aufsatz „Der Wasserstreit im Mittweidatal – ein Kampf um Wasser, Macht und den rechten Glauben“. Auch um die Pfarrer muss es Streit gegeben haben. 1529 kam Wolfgang Gottfried nach Markersbach. Im selben Jahr fand im evangelischen Territorium auch die erste Visitation statt. Martin Luther hatte die Reformation nur mit Hilfe der Landesherren durchführen können. Luther und die Landesfürsten mussten nun dafür sorgen, dass die evangelische Lehre auch in den Kirchgemeinden umgesetzt wurde. Deshalb zogen lutherische Theologen durch das Land und prüften die Pfarrer, ob sie das Evangelium recht lehrten. Über unseren Pfarrer Gottfried lautete das Urteil: „Gottes Wort und christlicher Ordnung entgegen“. Er wurde daraufhin als Pfarrer abgesetzt. Interessanterweise findet man ihn zehn Jahre später als ersten evangelischen Pfarrer von Elterlein!

 



 Der Beichtstuhl im Altarraum wurde auch nach der Reformation fleißig genutzt

 

1529 kam Johann Marschner als erster evangelischer Pfarrer nach Markersbach. Obwohl er nicht ungeschickt war, mochten ihn die Markersbacher doch nicht. Man liest, dass ihm die Fensterscheiben eingeworfen und er beleidigt worden ist, so dass er bereits 1533 wieder geht. Marschner hat wohl zu viel ändern wollen und sich dadurch unbeliebt gemacht. Man muss sich vorstellen, dass die Menschen durch die Reformation auch sehr verunsichert worden sind. Bis dahin glaubten sie selbstverständlich, was Pfarrer, Bischof oder gar Papst verkündeten. Nun aber war ihr Vertrauen erschüttert worden. Zudem gab es auch unter den Evangelischen verschiedene Auffassungen. Manche meinten, alles müsse nun anders werden, andere wollten nur bestimmte Missstände ändern. Marschner wird wohl zu den ersteren gehört haben. Um den Frieden wiederherzustellen, wird 1534 Bartholomäus Fleughaus Marschners Nachfolger. Fleughaus war schon von 1525 bis 1529 Pfarrer in Markersbach, damals allerdings noch katholisch. In der Zwischenzeit war er Prediger in Schlettau und hatte dort das evangelische Bekenntnis angenommen. Man kann sich gut vorstellen, dass er aufgrund seiner eigenen Erfahrungen behutsamer und einfühlsamer als sein Vorgänger war. Nicht alles war schlecht, was die Kirche bisher gelehrt hatte. Lediglich einige gravierende Missstände mussten beseitigt werden: Der Gottesdienst wurde nun nicht mehr in lateinischer, sondern in deutscher Sprache gehalten und die Predigt bekam eine größere Bedeutung. Außerdem sollte der Pfarrer nun nicht mehr ehelos leben, sondern eine Familie gründen. Ansonsten blieb äußerlich vieles beim Alten: Der Gottesdienst hieß weiterhin „Messe“. Der Pfarrer trug die bunten liturgischen Gewänder. Die Festtage der Heiligen wurden kirchlich begangen, man ging regelmäßig zur Beichte usw.
Unter Pfarrer Fleughaus wurde 1539 der Streit zwischen den Markersbachern und den Mittweidaern beigelegt. Auch letztere wurden evangelisch.

 



 Kirche um 1530

 

Der Dreißigjährige Krieg und seine Folgen

1660 wurde unter Pfarrer Gottfried Petzold das Dach der Kirche erneuert. Seither hat die Kirche einen neuen Turm, eine sog. barocke Haube. Die Kirche wurde nach hinten verlängert und bekam große Fenster. Da es noch kein Treppenhaus gab, diente ein hölzerner sog. Steigeturm im Westen dazu, auf die oberen Emporen zu gelangen. Die obere Empore ist ja auch erst 1662 gebaut worden, wie es uns noch heute eine Inschrift erkennen lässt. Der Innenraum unserer Kirche ist in dieser Zeit ausgestaltet worden: 1610 stiftete man für Matthias Siegel die Kanzel. Die Abbildungen weisen auf den Inhalt der evangelischen Predigt: Ermahnung und Trost, Gesetz Gottes und Evangelium Christi sollen verkündigt werden.
An den Emporen ist der Gemeinde eine Bilderbibel gegeben: Es beginnt auf der oberen Empore mit Geschichten aus dem Alten Testament, angefangen bei der Erschaffung der Welt. Die Empore darunter fährt mit dem Neuen Testament fort. An der Südempore finden sich Darstellungen der sog. 12 „kleinen“ Propheten („klein“, weil von ihnen nur kurze Bücher in der Bibel stehen) und einiger Apostel. Das erinnert die Gemeinde daran, dass die Kirche immer auf dem Grund der Apostel und Propheten bleiben muss, will sie nicht zu einer Sekte werden. 1663 wurde auch eine erste Orgel angeschafft. Erst seit dem Umbau 1660/62 gab es ja die Orgelempore im Westen. Bei der Verlängerung des Kirchenschiffes wurden auch die vier hinteren Deckenbilder gemalt. Sie stellen Szenen aus dem Alten Testament dar, die allesamt eines aussagen wollen: Der Himmel ist offen, Gott ist uns nah, wenn wir Gottesdienst feiern.

 



 barocke Haube, Kanzel und Empore

 

Die Bautätigkeit um 1660 zeigt, dass sich die Gemeinde von den Folgen des Dreißigjährigen Krieges inzwischen gut erholt hatte. Dieser Krieg wütete schrecklich im Oberen Erzgebirge. Der Erzgebirgskamm war seit der Reformation nicht nur eine Staatsgrenze, sondern auch eine Konfessionsgrenze zwischen dem evangelischen Sachsen und dem katholischen Böhmen. So war das Erzgebirge ein ständiges Durchmarschgebiet der feindlichen Heere. Je länger der Krieg dauerte, desto schlimmer wüteten die Soldaten. Dabei gab es nicht einmal einen Unterschied, ob es sich um feindliche oder verbündete Truppen, um katholische oder evangelische handelte, die Grausamkeit war unvorstellbar. Christian Lehmann berichtet darüber in seiner Kriegschronik aus eigener Erfahrung. Aus Furcht vor Mord und Vergewaltigung flohen die Einwohner der Dörfer in die Wälder und mussten manchmal wochenlang dort ausharren. Durch den Krieg kamen Glaubensflüchtlinge aus Böhmen ins sächsische Erzgebirge. Ein solcher Exulant wurde 1628 in Markersbach Pfarrer: Adam Mylius.

 



 Ansicht der Kirche 1721

 

1648 wurde schließlich in Westfalen ein Friede geschlossen, der diesen Krieg beendete. Der Friede brachte Wohlstand und ein neues Aufblühen der Länder Europas mit sich. Auch unser Ort erlebte einen lang andauernden wirtschaftlichen Aufschwung. Die Neugestaltung des Altars lässt auf den großen Wohlstand der Hammerherren schließen. Die Besitzer von Hammerwerken (Fabriken, in denen Eisen verarbeitet wurde), ließen sich um 1720 eine Empore im Altarraum bauen. Ihr Selbstbewusstsein war so groß, dass sie nicht nur vom einfachen Volk abgesonderte Plätze beanspruchten, sondern meinten, auch im Allerheiligsten einer Kirche, dem Altarraum, den ihnen angemessenen Platz einnehmen zu dürfen. In früheren Zeiten durfte der Pfarrer oder der Bischof im Altarraum sitzen. Der neue Platz der Hammerherren sollte der ganzen Gemeinde zeigen, wer – auch in der Kirche – nun das Sagen hat. Im Zuge dieser Neugestaltung des Altarraums wurde ein neuer Beichtstuhl angefertigt, in dem die Gläubigen noch bis vor gut 150 Jahren beim Pfarrer gebeichtet haben. Auch das Altarbild stammt wohl aus dieser Zeit. Im Zentrum steht die Kreuzigung Jesu. Sie wird als Erfüllung der alttestamentlichen Geschichte von der ehernen Schlange angesehen, wie es im Johannes-Evangelium geschrieben steht: „Wie Moses in der Wüste die Schlange erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden, damit alle, die an ihn glauben, das ewige Leben haben.“ Ganz oben schwebt ein Engel, der ein Spruchband hält, auf dem ein Bibelwort aus dem 1. Petrusbrief steht: „Die Engel gelüstet es zu schauen.“ Dieser Engel veranschaulicht die Tatsache, dass die Engel unsichtbar bei uns sind, wenn wir Gottesdienst feiern. So wird auch heutzutage die Empore im Altarraum nicht mehr von Menschen besetzt, sondern bleibt den Engeln vorbehalten.

 



 Emporen der Hammerherren im Alterraum - heute den Engeln vorbehalten

 

Von der Aufklärung bis zum Ersten Weltkrieg

Das 18. Jahrhundert nennt man die Zeit der „Aufklärung“. Glaube und Kirche werden grundsätzlich in Frage gestellt. Philosophen wie Lessing oder Kant sind Vertreter der „Aufklärung“. Auch in viele Kirchen zieht der Geist der „Aufklärung“ ein. Alte Glaubenswahrheiten werden angezweifelt. In vielen Predigten geht es nicht mehr um die Rettung durch Jesus, sondern um ein tugendhaftes Leben aus eigener Kraft. In jenen Jahren war Karl-Friedrich Klinkhardt Pfarrer in Markersbach. Er gehörte nicht zu den angepassten Zeitgenossen. Er blieb dem alten Glauben treu. 1795 schrieb er folgenden Bericht.

 

„Unsere kirchliche Verfassung ist so beschaffen, daß wir nicht gegen Vorurteil und Aberglauben in der neuen Lehre die Waffen ergreifen dürfen, weil wieder Freigeisterei, Lauigkeit und Gleichgültigkeit in der Religion herrschen, wozu die jetzige sogenannte Aufklärung der neuen Philosophie vieles beiträgt. Jedoch leben wir in der festen Zuversicht, Gott werde immer noch viele Tausende übrig lassen, die ihre Knie nicht vor diesem Baal beugen. Gott sei daher selbst der Schutz seiner Kirche, seines heiligen Wortes und Sakramente, daß wir durch deren göttliche Kraft wie unsere vollendeten Väter christlich leben, geduldig leiden und dereinst getrost und selig sterben. Gleicher Schirm und Schild sei Er unserem Gotteshaus vor aller Entzündung und Feindes Gewalt, auch vor allem Schaden der Elemente und der Menschen, daß auch unsere lieben Kinder und ganze Nachwelt hierdurch gelehret, gebessert, getröstet und selig werde um Christi unseres einzigen Seligmachers Willen, Amen!“

 

Unter Pfarrer Klinkhardt und Kantor Lang wurde unsere jetzige Orgel gebaut. Beauftragt wurde damit Orgelbaumeister Gottlob Trampeli aus Adorf. 18 Jahre hat die Gemeinde Pfennig um Pfennig gesammelt bis 1802 mit dem Orgelbau begonnen werden konnte. Zu Pfingsten 1806 fand die feierliche Weihe der neuen Orgel statt. Sie hatte 750 Taler gekostet – ein Vermögen für die damalige Zeit. Über die Ereignisse rund um den Orgelbau hat Karl-Hans Pollmer den Roman „Der Pfarrer von St. Barbara“ geschrieben.

 



 Trampeli-Orgel, Pfarrhaus, Ansicht der Kirche um 1845 sowie um 1908

 

Das Pfarrhaus muss zu dieser Zeit schon sehr alt gewesen sein. Das Haus ließ sich kaum noch beheizen, so dass unter Pfarrer Seyffart mit einem Neubau begonnen werden musste. Doch Pfarrer Seyffart starb 1877 im Alter von 34 Jahren an Lungenentzündung. Sein Nachfolger konnte dann 1878 in das neue Pfarrhaus einziehen, das im Stil der Gründerzeit mit einzelnen neoklassizistischen Elementen gebaut wurde (Giebel an der Südseite). Es besteht ganz und gar aus Feldstein. Da die umliegenden Pfarrhäuser viel älter sind, gehört es mit seinen gut 120 Jahren zu den neuesten Pfarrhäusern der Umgegend! Im Jahr 1908 wurde auch an der Kirche wieder gebaut: Das Treppenhaus im Norden wurde angebaut. Die Kirche bekam eine Dampfheizung. Neue Kirchenbänke wurden aufgestellt.
Der Erste Weltkrieg brachte das Ende einer Epoche, die mit der Reformation begonnen hatte: Martin Luther war auf die Hilfe der Landesfürsten angewiesen. Sie wurden zu einer Art „Notbischöfe“ in der evangelischen Kirche. Manche Fürsten haben sich auch sehr um die Kirche bemüht. Dennoch entspricht die enge Verbindung von weltlicher und kirchlicher Macht nicht dem Evangelium. Diese enge Verbindung von Thron und Altar (Staat und Kirche) wurde durch die Folgen des Ersten Weltkrieges beendet.

 

Die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen (1918-2006)

Mit dieser Verheißung an Seine Kirche beginnt der letzte Abschnitt unserer Chronik. Diese Verheißung gilt auch unserer Gemeinde, wenn sie bei ihrem HERRN Jesus Christus bleibt.

Die Kirche löst sich vom Staat

Beinahe über Nacht ging in Deutschland die Epoche der Monarchie zu Ende. Auch der letzte sächsische König dankte ab. Er soll bei seiner Abdankung gesagt haben: „Dann macht doch euern Dreck alleene!“ Dieser Ausspruch galt den neuen Machthabern der Weimarer Republik. Aber auch die Kirche stand plötzlich „alleene“ da, zumindest was den Staat betrifft. Die neuen Machthaber praktizierten die Trennung von Staat und Kirche. Nun musste die Kirche sich auf einmal selbst verwalten: Das Bischofsamt wurde erstmalig seit der Reformation wieder eingeführt. Ein Landeskirchenamt übernahm die Funktion, die bis dahin das Kultusministerium wahrgenommen hatte. Bis 1918 wurden musste eine eigene Kirchensteuer eingeführt werden. Auch um den Religionsunterricht gab es Kämpfe.
Die neue Selbstständigkeit eröffnete der Kirche große Chancen. Die Kirche musste lernen, dass sie sich nicht auf den Staat oder politische Mehrheiten verlassen darf, sondern allein auf ihren HERRN Jesus Christus und Sein Evangelium. Das 20. Jahrhundert brachte auch unserer Kirchgemeinde Herausforderungen und Kämpfe, in denen sich dieses Vertrauen auf Jesus bewähren musste.

 



 Die Kirche im Jahr 1929

 

Die zwanziger Jahre warn für unsere Kirchgemeinde eine fruchtbare Zeit des geistlichen Neubeginns: Seit 1923 fanden immer wieder Evangelisationen statt. Dadurch sollten besonders Menschen angesprochen werden, die dem Glauben entfremdet waren. Pfarrer Börner schreibt 1927 über eine bevorstehende Evangelisation im Kirchenblatt: „Evangelisation steht nunmehr in unserer Gemeinde kurz bevor. Evangelisation ist Kampf wider den Erbfeind Satan. Evangelisation soll Segen sein für unsere Gemeinde, soll Seelen gewinnen für Christus.“ Zu dem geistlichen Aufbruch in dieser Zeit gehört auch die Gründung unseres Posaunenchores im Jahre 1924. Im selben Jahr bekam unsere Kirche auch die beiden Buntglasfenster, und der zuvor wieder aufgefundene Marienschrein konnte nach seiner Restaurierung feierlich eingeweiht und an der vorderen Nordwand des Kirchenschiffes angebracht werden. 1926 kam Pfarrer Friedrich Gotthold Börner nach Markersbach. In seinen „Wünschen zum Amtsantritt“ schreibt er im Kirchenblatt:

 

„Angesichts meiner großen Verantwortung, die mir mit der Übernahme eures Pfarramtes auferlegt wird, ist meine höchste Bitte an euch: Betet für mich! Helft mir kämpfen mit Beten für mich zu Gott! Mein Wirken unter euch kann nur gesegnet sein, wenn es in allen Stücken von eurem Gebet begleitet ist. Die Mächte der Finsternis, Gottlosigkeit und Antichristentum haben alles Interesse daran, daß das Wirken eines Pastors in einer Gemeinde nicht zum Auftreffen und zur Entfaltung kommt. Die wirksamste Waffe dagegen ist das Gebet der gläubigen Gemeinde.“

 

Dieser Wunsch ist von der Gemeinde wohl treu erfüllt worden, denn das Wirken von Pfarrer Börner in Markersbach war gesegnet, und noch heute erinnern sich Ältere gern an ihn.

 



 Die Kirche 1929 sowie die beiden Buntglasfenster, die Jesus als den guten Hirten und Johannes den Täufer zeigen.

 

Bis zur Auflösung durch die Nationalsozialisten gab es bei uns eine Jungschar. Aus den Berichten im Kirchenblatt kann man an Pfarrer Börners Einschätzung des Dritten Reiches beispielhaft die Einstellung der meisten Christen zum Nationalsozialismus erkennen: Da die Weimarer Republik zu hoher Arbeitslosigkeit und moralischem Verfall geführt hatte, verbanden sich mit dem neuen System zunächst große Hoffnungen. Der Nationalsozialismus versprach eine sittliche Erneuerung des Volkes. Auch kirchlich gesehen brachte er durch die sog. „Deutschen Christen“ (DC) frischen Wind in die Kirche. Die DC wollten den christlichen Glauben an die neue Zeit anpassen. Ziel war ein Christentum, das an typisch deutsche Eigenschaften anknüpft. Pfarrer Börner hoffte dadurch, dass Kirche und Volk wieder zu einer lebendigen Einheit würden. Er sah darin einen Weg, Menschen den Glauben neu nahe zu bringen. Aber bald war er sehr enttäuscht von dieser Bewegung, weil er erkennen musste, dass ihnen Hitler wichtiger war als Jesus Christus. Die DC wollten alles Jüdische aus dem Christentum entfernen: Das Alte Testament sollte durch germanische Mythen ersetzt werden. Außerdem sprach man nicht mehr von „Gottesdienst“. Man verwendete stattdessen den Ausdruck „Gottesfeier“. Die DC meinten im Namen des Fortschritts den Gottesdienst ändern zu müssen. Auch lehnten sie das Gesangbuch als zu altmodisch ab. Im Laufe des Dritten Reiches wurde die antichristliche Tendenz des Nationalsozialismus immer deutlicher. Der Kampf gegen die Kirche begann wie so oft mit dem Kampf um die Jugend: Kirchliche Jugendarbeit wurde durch Hitlerjugend (HJ) und Bund Deutscher Mädchen (BDM) ersetzt. Die antichristliche Tendenz war zunächst vielen nicht bewusst, weil selbstverständlich noch alle Jugendlichen konfirmiert wurden. Zum Kirchenkampf musste es schließlich kommen, als die Nationalsozialisten die evangelische Kirche durch die DC unterwanderten und zu einer Nationalkirche umgestalten wollten. Nach Pfarrer Börners Weggang von Markersbach im April 1937 begann der Kirchenkampf auch hier.

 

Kirchenkampf in Markersbach

Am 1. Juli 1937 kam der 27-jährige Pfarrvikar Gottfried Reichler nach Markersbach. Er gehörte zur sog. „Bekennenden Kirche“ (BK). Das war die Gruppierung, die treu am Bekenntnis der Kirche festhalten wollte und deshalb in Gegnerschaft zu den „Deutschen Christen“ geriet. Nun waren aber der zuständige Superintendent Leßmüller in Aue und der Landesbischof Coch in Dresden überzeugte DCler. Die Mehrheit der erzgebirgischen Pfarrer und Gemeindeglieder standen allerdings der BK nahe. Pfarrvikar Rechler war deshalb von Anfang an sehr beliebt und anerkannt in Markersbach. Als ein guter Hirte ließ er sich von den DC nicht einschüchtern. Mutig bezog er auch in den Predigten für das Evangelium Stellung. Das brachte ihm die Feindschaft des Superintendenten ein, der den Pfarrvikar daraufhin nicht ordinieren wollte. Aber die Ordination war die Voraussetzung dafür, dass Reichler auf Dauer Pfarrer von Markersbach werden konnte.
In dieser Notsituation beschloss Pfarrvikar Reichler mit dem Kirchenvorstand einen Weg zu gehen, der von den Kirchenbehörden als Kampfansage verstanden werden musste: Er ließ sich am 29. Mai 1938 im Gottesdienst in unserer Kirche von dem bekenntnistreuen Superintendent Hammerschmidt aus Werdau ordinieren. U.a. assistierte dabei auch Pfarrer Rothardt aus Scheibenberg, der ebenfalls zur BK gehörte. Obwohl 90% der Kirchgemeinde auf Pfarrer Reichlers Seite standen, wie auch die große Mehrheit des Kirchenvorstandes, gab es eine kleine Minderheit, die diesen Vorgang beim Superintendenten in Aue anzeigten. Bereits am 30. Mai wurde Pfarrer Reichler vom Präsidenten des Landeskirchenamtes aus dem Dienst der Landeskirche entlassen und musste das Pfarrhaus binnen eines Monats verlassen.
Der Superintendent setzte einen alten DC-Pfarrer als Vertretung ein. Daraufhin begann die Gemeinde einen „Kirchenstreik“: Kaum einer besuchte die sog. „Gottesfeiern“. Stattdessen ging man nach Scheibenberg in den Gottesdienst. Außerdem setzte der Kirchenvorstand durch, dass zumindest einmal im Monat ein bekenntnistreuer Pfarrer aus der Ephorie einen Gottesdienst in unserer Kirche am Sonntagnachmittag halten durfte. Diese Gottesdienste waren dann sehr gut besucht! Pfarrer Reichler blieb zunächst im Pfarrhaus und wurde dann mit seiner Familie von Familie Richard Kreher in Unterscheibe aufgenommen. Von dort aus kümmerte er sich weiter um die Kirchgemeinde. Auch die Gemeinde sah in ihm ihren rechtmäßigen Pfarrer. Er besuchte Alte und Kranke, er hielt Kindergottesdienste und Bibelstunden in Privathäusern. Besondere Unterstützung erfuhr er auch durch die Landeskirchliche Gemeinschaft. Im Gemeinschaftshaus predigte er. Der Gemeinschaftsleiter Alfred Müller war auch stellvertretender Vorsitzender des Kirchenvorstandes. Weil er mutig zu Pfarrer Reichler hielt, wollte der Superintendent ihn ebenfalls absetzten. Weil Pfarrer Reichler keinen Konfirmandenunterricht erteilen durfte, gingen die meisten Konfirmanden zu Pfarrer Rothardt in den Unterricht und wurden in Scheibenberg konfirmiert.
Doch die DC gaben nicht auf. Der Superintendent erreichte zusammen mit dem Landeskirchenamt, dass doch ein DC-Pfarrer nach Markersbach kam: Am 1. Mail 1939 begann Pfarrer Pohl seinen Dienst. Aber auch er wurde von der Gemeinde nicht akzeptiert. Zwar wurde Pfarrer Reichler im Oktober 1939 zur Wehrmacht einberufen. Aber die Freude Pohls und der DCler über diesen scheinbaren Sieg dauerte nicht lange: Im Februar 1940 bekam Pohl starke Erstickungsanfälle und konnte kaum noch sprechen, so dass er „fluchtartig ein besseres Klima aufsuchen“ musste, wie er selbst schreibt. Er kehrte zurück in seine Heimat Österreich und trat nach seiner Genesung dort in den Pfarrdienst ein.
Die klare, bekenntnistreue Haltung der Kirchgemeinde hat also schließlich alle Versuche, Markersbach in die Hände eines DC-Pfarrers zu geben, überwunden. Die Kirchenleitung musste nachgeben und entsandte am 16. November 1941 den bekenntnistreuen Pfarrer Gerhard Michael nach Markersbach. Da er aber noch als Soldat am Krieg teilnehmen musste, konnte er den Dienst in Markersbach erst am 16. Mai 1945 antreten. Bis dahin wurde unsere Kirchgemeinde von den Pfarrern Neubauer aus Grünstädtel und Hammerschmidt aus Neuwelt betreut.

 

Die Nachkriegszeit

Nach Kriegsende am 8. Mai 1945 gehörte Markersbach – nach kurzem Interim in der sog. „Freien Republik Schwarzenberg“ – zur sowjetisch besetzten Zone. Die Sowjets versuchten aus „ihrer“ Zone so viel Gewinn wie möglich zu schlagen, um sich dadurch für die Kriegsverluste zu entschädigen. Als sie im Erzgebirge das Uran entdeckten, gründeten sie die sog. „Wismut“. Mit dem Uran aus dem Erzgebirge betrieb die UdSSR nun ihre atomare Aufrüstung. Durch die Wismut siedelten sich viele Menschen im Erzgebirge an, Vertriebene aus den Ostgebieten und andere, die hier gut bezahlte Arbeit fanden.
Die Nachkriegszeit war auch für Markersbach eine harte Zeit: Die Männer waren z.T. im Krieg gefallen oder noch in Gefangenschaft. Die Wirtschaft lag am Boden. Ein politisches System war zusammengebrochen. Wie sollte es weitergehen? In diesen Jahren – auch durch die Erlebnisse des Krieges – fanden viele wieder zurück zum christlichen Glauben. Alles andere war erschüttert oder zusammengebrochen – da merkte man auf einmal wieder, was wirklich trögt und hält. Die Kirche war voll. Der Hunger nach Gottes Wort war groß. In Pfarrer Michael hatte die Gemeinde einen Hirten, der es wirklich ernst meinte und der sich für die geistliche Erneuerung der Gemeinde aufopferte.
Seit 1942 hatte unsere Kirche keine Glocken mehr. Sie waren zu Rüstungszwecken im ganzen Land eingesammelt und eingeschmolzen worden. Unter großen Opfern der Gemeindeglieder – mancher hatte seine wertvollen Familienzinnteller oder -kannen gespendet, denn es gab in dieser Zeit ja keine Rohstoffe zu kaufen – konnten am 18. Dezember 1949 die neuen Glocken eingeweiht werden. Unsere Kirche hat seither ein dreistimmiges Geläut. Die Glockensprüche lauten: für die kleine Tauf-Glocke: „Wer da glaubet und getauft wird, der wird selig“, für die mittlere Gebets-Glocke: „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken.“, für die große Toten-Glocke: „O Land, Land, Land, höre des Herrn Wort!“ Und so rufen noch heute diese drei Glocken zum Glauben, zum Beten und unter Gottes Wort. Wenn sie umsonst rufen würden, dann wäre auch die ganze Mühe und das Opfer für die Beschaffung der neuen Glocken umsonst gewesen

 



 Die Glocken der Sankt-Barbara Kirche

 

Es ist ein besonderes Zeichen, dass die Glocken in dem Jahr wieder erklangen, als in der sowjetischen Zone die „Deutsche Demokratische Republik“ (DDR) gegründet wurde. Man mag daran erkennen, dass sich die Kirche auch in diesem atheistischen System nicht zum Schweigen bringen lassen wollte. Trotz materieller Not und kirchenfeindlicher Propaganda des Staates wuchs die Kirchgemeinde. Man kann durchaus von einer „Erweckung“ sprechen. Doch „wo Gott seine Kirche baut, da baut der Teufel seine Kapelle daneben“, wusste bereits Martin Luther. Das musste auch unsere Kirchgemeinde leidvoll erfahren!

 

Eine Erweckung zerbricht

Pfarrer Michael hatte den Kirchenkampf im Dritten Reich am eigenen Leib erlebt: 1935 musste er wegen seiner Treue zum Bekenntnis der Kirche und seiner mutigen Gegnerschaft zu den DC ins Konzentrationslager Sachsenburg. 1939 wurde er aus dem Pfarrdienst entlassen und erst 1941 wieder eingestellt. Er hat am Krieg als Soldat teilgenommen.
In diesen Jahren kamen viele Christen zu der Überzeugung, dass unser Volk eine grundlegende Umkehr zu Gott vollziehen muss. Gottes Heiliger Geist schenkte vielen Gemeinden unserer Landeskirche eine tiefgehende Sündenerkenntnis. Sie entdeckten die befreiende Kraft der Beichte ganz neu. Gottes Geist belebte auch das Gebet, so dass sich vielerorts Gebetskreise bildeten. So auch bei uns in Markersbach: Etwa 70 Gemeindeglieder sammelten sich mit Pfarrer Michael in solch einem Kreis. Weil dieser Kreis durch gemeinsame Glaubenserfahrungen ein starkes Gemeinschaftsgefühl entwickelte, wurde er vom Rest der Gemeinde mit Sorge und z.T. mit Misstrauen beobachtet; wusste man doch um die Gefahr der Abspaltung – gerade in Markersbach – nur zu gut. Seit 1950 polarisierte sich das Gemeindeleben deshalb in Anhänger und Kritiker dieses Kreises. Dazu trug auch bei, dass Pfarrer Michael unter dem Einfluss der „Philadelphia-Bewegung“ des Christian Röckle aus Leonberg (Württemberg) stand.
Die weitere Entwicklung wurde damals von Kantor Josiger genau dokumentiert. Sie ist tragisch, zeigt sie doch, wie in eine Bewegung des Heiligen Geistes fremde Geister eindringen können, wenn man das Bekenntnis der Kirche verlässt. Das geschah Ostern 1952: Eine sog. „Prophetin“ der Philadelphia-Bewegung, Hanna Faiß, kam aus dem Schwarzwald, um in unserer Kirche Evangelisationsvorträge zu halten. Kantor Josiger schreibt über sie:

 

„Ihr Auftreten ist faszinierend und von einem Wortschwall ohne gleichen begleitet. Diese Frau ist der Schwarmgeist in Person. Sie ist die Urheberin der Wiedertaufen in Markersbach geworden. Ich konstatiere: Ohne Schwarmgeisterei keine Wiedertaufe!“

 

Dieses Urteil über Frau Faiß wurde später sogar von Christian Röckle bestätigt. Der Sektenforscher Kurt Hutten schreibt: „1956 musste Röckle Frau Hanna Faiß, die als ‚Sonnenweib’ auftrat, bescheinigen, dass sie unter satanischem Einfluss stehe und von einem hochmütigen Lügengeist umgetrieben sei.“ Leider wurden einige Gemeindeglieder von ihr verführt. So kam es seit der Anwesenheit der Frau Faiß zu sog. „Wiedertaufen“ unter den Angehörigen des o.g. „Kreises“. Auch Pfarrer Michael und seine Familie ließen sich noch einmal taufen. Das war der Bruch mit der Kirche. Die Verwirrung in unserer Kirchgemeinde war so groß, dass unser Landesbischof Hahn einen Hirtenbrief an die Gemeinde richtete:

 

„Hirtenbrief des Landesbischofs an alle Glieder der Evangelisch-Lutherischen Kirchgemeinde Markersbach

Liebe Brüder und Schwestern!

Mit starker Anteilnahme und großer Sorge habe ich die Vorgänge verfolgt, durch die das kirchliche Leben in Eurer Gemeinde in letzter Zeit beunruhigt worden ist. Dabei sind einzelne Gemeindeglieder in ihrem Glauben irregeleitet und in ihrem Gewissen verwirrt worden. Den eigentlichen Anlaß dazu hat Euer bisheriger Ortspfarrer Gerhard Michael gegeben, der mir seit langem wohl bekannt ist und den ich in der Zeit des Kirchenkampfes unter der nationalsozialistischen Herrschaft um seiner tapferen Glaubenshaltung und seiner freudigen Einsatzbereitschaft willen persönlich liebgewonnen und hoch geschätzt habe. Um so schmerzlicher ist es mir und meinen Brüdern in der Kirchenleitung, daß er uns jetzt erklärt hat, er sei zu ‚Erkenntnissen geführt worden, die weder mit der Tradition noch mit der heutigen Auffassung der Ev.-Luth. Kirche von Lehre und Ordnung in Einklang zu bringen waren.“ Das ist am deutlichsten sichtbar geworden in der Tatsache, daß er an sich und an seiner Familie die sogenannte „Glaubenstaufe“ hat vollziehen lassen. Dadurch hat er sich, wie er selbst schreibt, „offenbar in Widerspruch nicht nur zum Bekenntnis, sondern auch zu der heutigen Lehre und Ordnung der Ev.-Luth. Kirche gesetzt.“ Es war eine betrübliche, aber unausweichliche Folge, daß er daraufhin sein Amt als Pfarrer niederlegte und wir ihn aus dem Dienst unserer Kirche entlassen mußten.
Worin besteht nun der grundlegende Gegensatz zwischen der Auffassung, die Pfarrer Michael und seine Freunde vertreten, und der Lehre der Heiligen Schrift, wie sie Gott durch die Reformation wieder ans Licht gebracht hat? Ich möchte Euch, liebe Brüder und Schwestern, diesen Gegensatz an dem Beispiel der Heiligen Taufe aufweisen:
Die sogenannte „Glaubenstaufe“, die bei Euch vollzogen worden ist an Gliedern unserer Kirche, die schon als Kinder getauft wurden, ist eine Wiederholung der Taufe. Wer die Taufe bei anderen wiederholt oder an sich selbst erneut vollziehen läßt, erklärt sich auf jeden Fall gegen die Gültigkeit der in der Kirche vollzogenen Taufe. Er weicht damit in zweifacher Weise von unserem ev.-luth. Glauben ab. [...]
Ihr werdet verstehen, daß hier tatsächlich die Irrlehre gegen die rechte Lehre steht. Ich kann nur dem zustimmen, was die theologische Fakultät einer deutschen Universität in einem Gutachten geurteilt hat: ‚Die Einmaligkeit und Unwiederholbarkeit der Taufe steht in der ganzen Kirchengeschichte und in allen christlichen Konfessionen außer Diskussion ... Die evangelische Kirche würde das reformatorische Verständnis des Evangeliums verleugnen, wenn sie nicht die Taufe eines Erwachsenen, der schon einmal als Kind getauft war, als Wiedertaufe und damit als Irrglauben kennzeichnete.’
So ermahne ich nun ganz dringend alle diejenigen Gemeindeglieder unter Euch, die die Wiedertaufe empfangen haben oder sich mit dem Gedanken tragen, sich wiedertaufen zu lassen: Sagt diesem Irrglauben ab und haltet Euch wieder treulich zur Gemeinde Gottes und Seines Sohnes Jesu Christi in unserer teuren Evangelisch-Lutherischen Kirche! Versammelt Euch fleißig unter Gottes Wort, wo es lauter und rein verkündigt wird, und gebraucht die heiligen Sakramente, wo sie dem Worte Gottes und dem Bekenntnis unserer Glaubensväter gemäß recht verwaltet werden. Wer trotzdem bei dieser Irrlehre verharrt, muß wissen, daß er uns zwingt, ihn zu denen zu zählen, die sich selbst von unserer Kirche getrennt haben.
Unser Herr Christus hat – uns allen zum Vorbild, zum Trost und zur Freude – so gebetet: „Heiliger Vater, erhalte sie in deinem Namen, die du mir gegeben hast, daß sie eins seien gleichwie wir.“ (Joh 17,11). So wollen auch wir alle, Ihr als die Evangelisch-Lutherische Gemeinde in Markersbach und wir als die Kirchenleitung, in herzlicher Fürbitte der Brüder und Schwestern gedenken, die sich noch von uns getrennt halten, und miteinander beten:

‚Erfülle mit dem Gnadenschein, die in Irrtum verführet sein, auch die so heimlich noch ficht an in ihrem Sinn ein falscher Wahn. Und was sich sonst verlaufen hat von dir, das suche du mit Gnad, und ihr verwundt Gewissen heil, laß sie am Himmel haben teil.’ Amen.
Es grüßt Euch als Euer Landesbischof mit dem apostolischen Segenswort: „Und nun, liebe Brüder, befehle ich euch Gott und dem Wort seiner Gnade, der da mächtig ist, euch zu erbauen und zu geben das Erbe unter allen, die geheiligt werden.“
Amen

Radebeul, den 13.8.1952
(gez.) D.Hahn.“

 

Am Sonntag, dem 7. September 1952, kam der Bischof schließlich selbst nach Markersbach, um die verwirrte Herde wieder zu sammeln. Manche Glieder des Kreises kehrten bewusst zur Kirche zurück, andere bildeten eine Baptistengemeinde in Markersbach, die aber bald wieder durch interne Streitigkeiten zerfiel.

 



 Ansicht der Kirche (1950)

 

Treue

„Treue“ ist das Wort, das über der zweiten Hälfte des Jahrhunderts in unserer Kirchgemeinde steht: In treuer Arbeit ist die Kirchgemeinde nach den Erschütterungen wieder gebaut worden. „Treue“ war und ist die wichtigste Eigenschaft in dieser Zeit.
1953 begann in der DDR der staatliche Kampf um die Jungen Gemeinden. Wieder einmal versuchte ein totalitärer Staat die Jugend zu gewinnen – nach dem Motto: „Bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt!“ – auch wenn es sich in den meisten Fällen nicht um offene Gewalt, sondern um subtilere Formen der Gewalt, wie Verächtlichmachung von christlichen Schülern und Benachteiligung bei der Berufswahl handelte. Ein teuflisches Mittel in diesem Kampf um die Jugend war die Einführung der „Jugendweihe“ im Jahr 1954. Nahmen zuerst weniger als 20% der Jugendlichen daran teil, steigerte der Staat diesen Prozentsatz auf schließlich 98%, in dem er die Jugendweihe zur Voraussetzung für die meisten Berufe machte. Diese Zahlen gelten für das gesamte Gebiet der DDR. Bei uns wie auch im ganzen Erzgebirge war der Staat nicht so erfolgreich. Viele Christen nahmen lieber Nachteile in Kauf, als Schaden an ihrer Seele zu nehmen. In den ersten Jahren kämpfte die Kirche sehr gegen die Jugendweihe. Da die Jugendweihe eindeutig ein atheistisches Gegenstück zur Konfirmation war, konnten Jugendgeweihte nicht gleichzeitig konfirmiert werden. Später lockerte die Kirche ihre Haltung und erlaubte die Nachkonfirmation ein Jahr darauf.

 



 Ansicht der Kirche (1960)

 

So ist es der DDR gelungen, durch Druck und Propaganda einen großen Teil des Volkes der Kirche zu entfremden. Die Entwicklung der Kirchgemeindegliederzahlen zeigt das deutlich: Zwischen 1969 und 1989 hat unsere Kirchgemeinde die Hälfte (über 1000!) ihrer Glieder verloren! Dazu trug allerdings auch die Umsiedlung der Bewohner von Obermittweida im Zuge des Baus des Pumpspeicherwerks ab 1969 bei. Pfarrer Helmut Günnel hat die Gemeinde von 1953 bis 1968 wieder treu unter Gottes Wort zusammengeführt.
Von 1969 bis 1984 war Pfarrer Karl-Heinz Schmidt Pfarrer in Markersbach. Pfarrer Schmidt hatte die besondere Gabe des „geistlichen Humors“. In einer Zeit, in der viele Menschen vom Absterben der Kirche sprachen, hat er den Sieg Jesu über Sünde, Tod und Teufel verkündigt. Und schon die ersten Christen kannten das Osterlachen über den besiegten Teufel – denn: Wer zuletzt lacht, lacht am besten!
Seit jeher ist Markersbach eine musikalische Kirchgemeinde. Treue und engagierte Kantoren trugen dazu bei. Von 1982 bis 2000 war Kantor Hermann in der Miebe. Die politische Wende, die schließlich zur Wiedervereinigung unseres Volkes führte, wurde auch in Markersbach von Christen angestoßen und mitgetragen: Unser Pfarrer Uhlig war dabei gemeinsam mit Pastor Hunger von der Methodisten-Gemeinde aktiv. In großer Treue wurde auch in dieser Wendezeit das Wort Gottes wie Samenkörner in die Herzen gesät. Manche Träne wird die Aussaat begleitet haben, vor allem aber das flehende Gebet um reiche Ernte: Möchten doch viele Menschen in unserem Ort zum lebendigen Glauben an unseren HERRN Jesus Christus kommen!
Am 16. Juli 1995 erlebte die Kirchgemeinde seit 42 Jahren wieder eine Ordination: Unter Gebet und Handauflegung wurde Gaston Nogrady von Superintendent Kircheis unter Mitwirkung von Pfarrer Karl-Heinz Schmidt und Pfarrer Reinhard Sander zum Pfarrer ordiniert.

Gott baut seine Gemeinde durch Seinen Segen. Mit dieser Zuversicht gehen wir in die Zukunft. Auf dem Fundament der Apostel und Propheten, auf dem die Vorfahren treu die Kirche Gottes gebaut haben, wollen wir weiterbauen.

„Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit.“
© 2020 Evangelisch-Lutherische Kirchgemeinde Sankt Barbara Markersbach